Das Mädchen Wadjda ist angeblich der erste saudi-arabische Spielfilm überhaupt. Aus Zeitgründen habe ich mir die deutsch
synchronisierte Version anstelle der arabischen Originalversion angesehen, wobei ich das Gefühl habe, dass dabei einiges der
Sprachmelodik gerade bei den Rezitationen des Korans verloren gegangen ist. Da fällt mir gerade ein: Darf man den Koran
überhaupt übersetzen?
Das Herrscherhaus Saudi-Arabiens hat in den Wirren nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches die Chance genutzt und die
ehemaligen Stellvertreter des Kalifen besiegt. Geholfen hat den Saudis das Vertrauen auf eine extreme Form des Islams, den
Wahhabitismus. Das Haus Saud sieht sich deswegen auch als Hüter der heiligen Stätten und des wahren Islams. Das führt heute
noch dazu, dass Frauen in Saudi-Arabien keine Autos fahren dürfen und sich nur vollverschleiert auf der Straße zeigen dürfen.
Wadjda ist zum Glück noch ein junges Mädchen, das noch zur Schule geht. Allerdings ist sie etwas unangepasst. Von Schleiern
hält sie nicht viel. Diese Haltung verstärkt sich noch als sie sich in den Kopf setzt, den Nachbarsjungen unbedingt beim
Fahrradfahren schlagen zu wollen. - Fahrradfahren ist Mädchen auch verboten. Allerdings kostet ein Fahrrad 800 Riyal (etwa
160 Euro), was für ihre Mutter einen großen Betrag darstellt. Wadjdas Mutter ist zwar verheiratet, aber ihr Ehemann sucht
schon seit längerem nach einer neuen Ehefrau, da der erwünschte Stammhalter bislang ausgeblieben ist. Ausgerechnet ein
Koranwettbewerb an der Schule bietet die Möglichkeit, mit dem Preisgeld das gewünschte Fahrrad zu finanzieren. Also fängt
Wadjda zu lernen an.
Das Mädchen Wadjda zeigt natürlich die Lebenseinschränkungen von Frauen in Saudi-Arabien. An ein paar Stellen schimmert auch
durch, wie der Koran dazu benutzt wird, die Begründung für die Unterdrückung der Leute zu bieten. Dabei wird auch klar, dass
die Gläubigkeit zum Teil auch nur Fassade ist, um keine Angriffspunkte gegenüber den anderen Leuten zu bieten. Zudem weiß man
nie, welches die richtige Antwort ist, da alles von den Autoritäten entsprechend ausgelegt werden kann. Wadjda lässt sich von
solcherlei Überlegungen wenig beeindrucken, was Das Mädchen Wadjda zu einem besonderen Film werden lässt. Im Gegensatz zu
An ihrer Stelle, der unter orthodoxen Juden spielt, erzählt Das Mädchen Wadjda keine Geschichte von
Anpassung, sondern von der Wahrung der Freiheit. Dafür gibt es von mir 87 Riyal (17,44 Euro) für meine Kinokarte zum Preis
von 7,50 Euro.