Meine Brüder und Schwestern im Norden

Meine Brüder und Schwestern im Norden ist wie Full Metal Village ein Heimatfilm von Sung-Hyung Cho. Allerdings verlässt Meine Brüder und Schwestern im Norden die Beschaulichkeit Schleswig-Holsteins, und zwar nicht nach Dänemark, sondern nach Nordkorea. Jetzt muss man wissen, dass Sung-Hyung Cho in Südkorea geboren ist und mit einem südkoreanischen Pass niemals in den Norden kommen könnte. Mit einem deutschen Pass hingegen ist es möglich. So kommt es, dass Meine Brüder und Schwestern im Norden im koreanischen, englischen und deutschem Original mit eher weniger lesbaren Untertiteln läuft. Das deutsche Original hat einen leichten koreanischen Akzent.

Kann ein Dokumentarfilm über Nordkorea überhaupt authentisch sein, da das Filmteam die ganze Zeit überwacht wird? Ich denke ja, auch wenn alles noch inszeniert wirkt. Die Gesprächspartner von Sung-Hyung Cho wurden ja vom Staat ausgesucht und die ganze Zeit sind Beobachter dabei. Insofern ist die Inszenierung Teil der Realität. Vielleicht ist es uns auch gar nicht bewusst, wieviel Inszenierung im real existierenden Kommunismus steckt. Irgendwann wird ein Plakat mit der Aufschrift "In koreanischer Geschwindigkeit werden wir ein Vorbild für die Welt sein." gezeigt. Na ja gut, das setzt voraus, dass man den Rest der Welt nicht kennt.

Ich bin auch nicht ganz sicher, ob man eine normale Schulstunde bei uns zu sehen bekommt, wenn das Fernsehen kommt vorbei. In einem Kindergarten würde man wahrscheinlich auch nicht einen normalen Tag mitbekommen. Erschreckend finde ich irgendwie, dass sich christliche Kindergärten nicht so wesentlich von kommunistischen unterscheiden. Man muss nur den Bezug von Gott auf Kim Il-Sung oder Kim Jong Un abändern. Es reicht ja aus, wenn einer über den gesamten Staat wacht. Insofern ist es kein Wunder, dass Kim Jong Il sich eines Nachts persönlich vom Fortschritt des Wasservergnügungsparks Munsu überzeugt hat, den er auch persönlich designt hat. In der Internationalen Fußballschule sind die Zimmer für die Kinder auch persönlich von Kim Jong-Un entworfen worden. Interessant ist auch, dass von Kim Il-Sung immer als Führer, Kim Jong-Il als General und von Kim Jong-Un als Marschall gesprochen wird.

Irgendwie lässt die Beobachtung es nicht zu, über private Sachen zu sprechen. Allerdings zeigt sich, dass die Bauern auf dem Lande ähnlich schlau sind, wie diejenigen in Schleswig-Holstein. Sie haben eine Biogasanlage, mit der sie Gas zum Kochen gewinnen. Die Näherinnen in Wonsan arbeiten für den ausländischen Markt, wobei alles über China exportiert werden muss. Man wird aber niemals "Made in North Korea" in den Kleidungsstücken finden. Trotz Sozialismus gibt es aber immer wieder Anreizsysteme, um die Leute am Arbeiten zu halten. Vielleicht sollte man es wie der eine Maler halten, der nur schöne Bilder malt, weil ihm hässliche Motive nicht gefallen.

Es ist schwierig, Meine Brüder und Schwestern im Norden in eine Wertung zu packen. Irgendwie müsste man den Mut von Sung-Hyung Cho einpreisen. Damit komme ich auf etwa 20 von gezahlten 8 Euro. Dennoch verbleibt ein beklemmendes Gefühl. Sattelt die Pferde, um für die Revolution zu reiten. Irgendwann schaffen unsere Soldaten die Wiedervereinigung.

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