Über Paris mögen zwar viele Filme gedreht worden sein, ich persönlich finde Barcelona als Drehort viel interessanter.
Vielleicht liegt dies an L’auberge espagnole – Ein Jahr in Barcelona. Das war ja schon
recht verwirrend, was die Studenten in ihrem Auslandssemester erlebt haben. Nicht viel anderes ergeht es Vicky und
Christina, zwei Amerikanerinnen Mitte bis Ende 20, die nach Barcelona kommen. Die beiden sind neben dem Maler Juan
Antonio die Hauptfiguren in Woody Allens neuestem Filme Vicky Christina Barcelona. Ich habe mir Vicky Christina Barcelona
im englisch-spanisch-chinesischen Original mit Untertiteln angesehen. Chinesisch ist etwas übertrieben, da Scarlett
Johansson als Christina nur einmal 你好吗?
- Wie geht es dir? in die Kamera haucht. Ansonsten sind die Untertitel aus Kontrastmangel nur zu 70% zu lesen und bei
einigen spanischen Passagen wird eindeutig mehr gesagt, als in den Untertiteln steht. Bei einer realistischen Wiedergabe
wäre jedoch das Bild voll gewesen.
Vicky und Christina halten sich in den besseren amerikanischen Kreisen Barcelonas auf. Die gut aussehende Christina ist
auf Selbstfindungstrip nach der Produktion eines 12-minütigen Films. Vicky hingegen sieht sich auf den sicheren Hafen
ihrer Ehe zu fahren. Doug, ihr Gatte in spe, hat alles, was eine Studentin katalanischer Identität benötigt: Einen
sicheren Job, ein gutes Einkommen und die Aussicht, im Falle einer Schwangerschaft Vickys für das Familieneinkommen
aufkommen zu können.
An sich hätte dieser Aufenthalt in Barcelona ganz ruhig verlaufen können. Die beiden hätten sich die Sagrada Familia, den
Park Güell und andere Werke von Antoní Gaudi und Juan Miró angesehen. Leider ist da eine Soiree dazwischengekommen, nach
der der Maler Juan Antonio die beiden zu einem Kurztrip nach Oviedo überredet. Juan Antonio leidet noch ein wenig unter
der missglückten Ehe mit Maria Elena, die ihn am Ende umzubringen versuchte.
Diese überraschende Reise stellt nicht nur den Magen Christinas auf den Kopf. Mit Vicky passiert auch etwas
Unvorhergesehenes. Auf jeden Fall möchte Doug nun Vicky schon in Barcelona heiraten und Christina entdeckt mit Hilfe von
Juan Antonio ihr künstlerisches Talent.
Woody Allen hat mit Vicky Christina Barcelona eine solide erzählte Geschichte hingestellt, die allerdings nicht den Titel
Komödie verdient. So lustig ist das Ganze nicht. Vicky Christina Barcelona ist vielmehr ein geschickt gesticktes
Psychogramm der verschiedenen Charaktere. Ich bin persönlich gespannt, wie die deutsche Synchronisation mit doch sehr
distinguierten Neuengland-Akzent Vickys umgeht, in dem jede Äußerung auf die moralische Goldwaage gelegt wird. Christina
wirkt in ihrer Sprache viel unbekümmerter.
Für Vicky Christina Barcelona gibt es 12 von gezahlten 8,50 Euro. Passen Sie übrigens auf, bei wem Sie in Zukunft
Sprachunterricht nehmen!