Hans Weingärtner, der Regisseur von 303, hat sich in früheren Werken wie
Die fetten Jahre sind vorbei immer wieder an unserem System abgearbeitet. In 303, den ich
gestern im deutschen, französischen, englischen und portugiesischen Original mit gut lesbaren Untertiteln gesehen habe,
setzt er diese Tradition fort.
Jule ist Biologiestudentin in Berlin, die von ihrem Freund, der gerade in Portugal weilt, schwanger ist. Außerdem ist sie
noch durch die mündliche Biochemieprüfung gefallen. Jan studiert Politikwissenschaften und hat gerade ein Stipendium wegen
seiner abweichenden politischen Ansichten nicht bewilligt bekommen. Er möchte in Spanien seinen richtigen Vater kennenlernen.
Beide sind 24 Jahre alt. Jule startet ihre Fahrt mit einem historischen Wohnmobil auf Basis des Mercedes 303, der auch als
Reisebus verwendet worden ist. Es handelt sich also nicht um so ein kleines Wohnmobil, sondern um die größte Variante, die
in den 80ziger Jahren verfügbar war. An einer Tankstelle gabelt Jule Jan auf, die ihn aber nach einem Gespräch über den Club
27 wieder rausschmeißt. Nach einem kurzen Intermezzo mit dem Trucker Manni, hilft Jan an einer Raststätte Jule aus einer
misslichen Situation, so dass er wieder bei ihr mitfahren darf. Dies ist der Beginn des Roadmovies in 303.
Jule und Jan diskutieren hauptsächlich darüber, ob Konkurrenz oder Kooperation der Antrieb für die Weiterentwicklung der
menschlichen Gesellschaft sind. Darüber hinaus sind Beziehungen, deren biologischen Grundlagen und Selbstliebe das zweite
große Themengebiet, über das sie sich auf der Fahrt durch Deutschland, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien und
Portugal besprechen. So rein philosophisch gesehen scheint unsere Gesellschaft zu funktionieren, wenn beide Pole bedient
werden. Ansonsten zeigt 303 neben schönen Landschaftsbildern, was passiert, wenn man längere Zeit eine spannende Zeit
zusammen verbringt.
Irgendwie scheint das Interessante am Schauspielerberuf zu sein, dass man eben nicht systemkonform sein muss. Und gerade
Roadmovies spiegeln die Suche nach Freiheit. 303 schafft es trotz einiger örtlicher Unlogik eine eigene Atmosphäre
aufzubauen. Wo In den Gängen den Kosmos eines Großmarktes beleuchtete, tut dies 303 mit
dem Kosmos eines Wohnmobilbusses. Dafür gibt es von 18 von gezahlten 9,50 Euro.