Der letzte Film, den ich vom Studio Ghibli gesehen hatte, war
Arrietty - Die wunderbare Welt der Borger. Das neueste Werk heißt Der Mohnblumenberg, den ich
einer deutsch synchronisierten Version gesehen habe, wobei die Lieder im japanischen Original mit gut lesbaren Untertiteln
gehalten worden sind. Auch wenn Hayao Miyazaki langsam an seinen Sohn Goro übergibt, bleibt die Farbsprache immer noch
identitätsstiftend.
Der Mohnblumenberg spielt in einem kleinen japanischen Ort nahe Tokyo im Jahr 1963. Umi, die manchmal auch Mae genannt wird,
geht in die zweite Klasse der weiterführenden Schule. Ihr Vater ist im Koreakrieg gestorben. Sie lebt mit ihrer Mutter, ihrer
Großmutter, ihren zwei jüngeren Geschwistern und einer Künstlerin in einem größeren Haus auf einem Berg, von dem man aus das
Meer und die vorbeifahrenden Schiffe sehen kann. Jeden Morgen hisst Umi im Andenken an ihren Vater Flaggen.
In der Schule gibt es große Diskussionen, weil das alte Clubhaus abgerissen werden soll. Der Zustand des Hauses lässt
mittlerweile ziemlich zu wünschen übrig, da die überwiegend männlichen Bewohner unter anderem den über die Jahre
angesammelten Staub für ein unentfernbares Charakteristikum halten. Umi hat damit recht wenig zu tun, bis sie eines Tages in
der wöchentlichen Schülerzeitung ein Gedicht über ein Mädchen findet, das jeden Morgen Flaggen hisst. Im Zuge der
Protestaktionen gegen den Abriss springt Shun, einer der Schüler, vom Dach der Schule in ein Wasserbecken, wodurch er
vermittels der Berichterstattung in der Schülerzeitung zu einem Helden wird. Plötzlich sieht sich Umi damit konfrontiert,
dass ihre jüngere Schwester Sora ein Autogramm von Shun haben möchte. Also wird ein Besuch in der Redaktion der
Schülerzeitung organisiert, bei dem sie Shun etwas näher kennenlernt.
Der Mohnblumenberg spielt nicht nur mit der ersten Verliebtheit Jugendlicher. Es wäre zu einfach für einen Film des Studio
Ghibli, wenn nicht auch ein ernsthaftes Thema auftauchen würde. In diesem Fall geht es um den Umgang mit Vätern, die im Krieg
umgekommen sind und die ökonomischen Schwierigkeiten nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Mohnblumenberg nimmt plötzlich
Wendungen, die sich weit von dem Streit um den Abriss des Clubhauses wegbewegen, welcher an sich schon eine Provokation im
so hierarchisch denkenden Japan war. Für die daraus entstehenden Einsichten gibt es 12,50 von gezahlten 9,30 Euro.