Irrational Man ist das neueste Werk von Woody Allen, das ich gestern im englischen Original mit wahrscheinlich meist gut
lesbaren Untertiteln gesehen habe. Man kann wirklich sagen, dass Woody Allen zu Themen zurückkehrt, mit denen er sich gut
auskennt: das Bedürfnis, eine Muse zu haben, um gut schreiben zu können, und Sorgerechtsprozesse.
Abe Lucas ist Philosophieprofessor mit zweifelhaften Ruf, der im Sommertrimester Vorlesungen an der Braylin Universität
übernimmt. Es gibt Gerüchte, dass er nicht alle Tassen im Schrank hat und auch Beziehungen zu Studentinnen unterhalten haben
soll. Sichtbar ist zu Anfang des Film nur sein Alkoholproblem, das sich daraus entwickelt hat, dass er seine momentane
depressive Stimmung mit Hilfe von Single Malt Whiskey aufhellen möchte. So ganz gelingt es nicht, auch wenn er mit seiner
mysteriösen Art nicht nur die Aufmerksamkeit seiner Kollegin Rita Rodgers auf sich zieht. Auch die Studentin Jill fühlt sich
von seinem Wesen angezogen. Jill verbringt immer mehr Zeit mit Professor Lucas, was ihr ihr Freund Roy mehr und mehr
übelnimmt. Abe Lucas' Stimmung ändert sich erst, als er zusammen mit Jill eine Geschichte über einen ungerechten
Familienrichter namens Spangler überhört und einen Plan fasst. Unklar bleibt, welchen Einfluss Jill auf Abe Lucas hat.
Woody Allen erzählt in Irrational Man ganz unbeteiligt die Geschehnisse, als ob die Kamera nur zufällig da wäre, wobei
Anstoß erregende Erzählungsteile so ausgeblendet werden, dass man sie sich dazu denken muss. Ich muss im Nachgang ein
bisschen an Match Point denken, wo in meiner schwachen Erinnerung auch einige der
Beteiligten die wahre Geschichte zu erahnen schienen. Wenn es in Irrational Man Humor geben sollte, so ist dieser nur
versteckt zu sehen und sehr leise. Dennoch bietet Irrational Man genügend Spannung, um einen für 95 Minuten den Rest der
Welt vergessen zu lassen. Von mir gibt es daher 10 von gezahlten 9 Euro.
Angesichts der Kürze dieser Kritik bin ich am Überlegen, ob ich nicht auch eine Muse bräuchte. Jill fiele dafür dann aber
aus. Sie ist zwar jung, hat aber für meinen Geschmack etwas zu große Augen.