Mein Lieblingsregisseur Hirokazu Kore-Eda hat sich aus den japanischen Gefilden nach Frankreich begeben und dort mit
internationalen Schauspielern La Vérité - Leben und lügen lassen gedreht. International bedeutet wirklich international, so
dass ich gestern die bis auf einen Satz ins Deutsche synchronisierte französische Version zusammen mit einer englischen und
kantonesischen Originalversion mit gut lesbaren Untertiteln gesehen habe. Angesichts des großen nicht französischen Anteils
hätte man La Vérité - Leben und lügen lassen auch gleich komplett in der Originalversion lassen können.
Die an Jahren gereifte, französische Filmdiva Fabienne Dangeville hat ihre Memoiren geschrieben, was für ihre Tochter Lumir
Anlass genug ist, samt amerikanischem Ehemann und Töchterchen Charlotte über den Teich nach Paris zu kommen. Fabienne lebt in
einer Villa neben einem Gefängnis, wo sich ihr Lebensgefährte Jacques und ihr Faktotum Luc sich um sie kümmern. Da die
Memoiren wie jegliche Erinnerungen trügerisch sind, beschäftigt sich nicht nur Lumir damit, wie viel Realität in dem Buch
auftaucht. Die Vergangenheitsbewältigung dreht sich auch immer wieder um Sarah, die alte Jugendfreundin Fabiennes. Sie war
auch Schauspielerin, aber ihr war nicht so ein langes Leben gegönnt. Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, indem Fabienne
gerade einen Science-Fiction-Film dreht. Die weibliche Hauptrolle dieses Films, eine nicht alternde Mutter, ist mit Manon
Lenoir besetzt, der man nachsagt, sie sei die neue Sarah.
In den ersten und letzten Szenen erkennt man an der Auswahl der Bildszenen Hirokazu Kore-Eda. Ich war jedoch sehr überrascht,
dass der Meister des Unausgesprochenen, eine so direkte und dialoglastige Szenerie erschaffen hat. Ich liebe die Ruhe und
auch wie er kindliche Einfalt nutzt, um leisen Humor auszustrahlen. In La Vérité - Leben und lügen lassen werden diese Momente
von lauten Diskussionen überdeckt. Ich bin nicht dazugekommen, mal zwischen den Zeilen zu hören. Und diese Geräuschkulisse
überdeckt auch die leisen Fortschritte der Handlung, die sich in einer Gestik oder einem Gesichtsausdruck widerspiegeln.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, La Vérité - Leben und lügen lassen hätte keinen roten Faden mehr. Von daher gibt es von mir
nur 9 von gezahlten 9 Euro. Wozu braucht es japanische Regisseure, um französische Filme zu drehen? Ich hoffe, dass Bong
Jong-Ho, der Regisseur von Parasite jetzt nicht auch noch für eine französische Produktion
verpflichtet wird.