Ich weiß nicht genau, was die Jury in Cannes umtrieb, als sie Manbiki Kazoku letztes
Jahr die Goldene Palme verliehen haben. Gut, Werke von Hirokazu Kore-Eda haben ein besonderes Flair und von daher ist es
schon verständlich. Parasite, den ich gestern im koreanischen, englischen und deutschen Original mit gut lesbaren Untertiteln
gesehen habe, stammt von dem koreanischen Regisseur Bong Jong-Ho und geht thematisch in eine ähnliche Richtung. Also gab es
dieses Jahr die Goldene Palme. Anders als bei Manbiki Kazoku geht es nicht jedoch nicht darum, ob eine Familie aus armen
Verhältnissen besser für Kinder sorgen kann. Die Familie Kim, bei der alle Familienmitglieder arbeitslos sind, strebt nur
nach persönlichem Reichtum.
Das jüngste Familienmitglied Kim Ki-woo erhält von seinem ehemaligen Klassenkameraden Min den Tipp, seine Stelle als
Englischnachhilfelehrer bei einer reichen Familie mit dem Nachnamen Park zu übernehmen. Dabei überreicht Min ihm noch einen
Stein, der der gesamten Familie zu Reichtum verhelfen soll. Die Wohnung der Kims befindet sich in einem Keller am Ende einer
Sackgasse, wo kostenloses WLAN nur bedingt erreichbar und die Kommunikation mit Whatsapp-Nachrichten entsprechend schwierig
ist. Auch wenn sich Kim Ki-woo sich die Stelle erst nicht zutraut, so führt doch die Empfehlung Mins dazu, dass er sich
zumindest die Stelle anschaut. Die Familie Park wohnt in einer ähnlich schicken Gegend wie Ben aus
Burning in einem Haus, das der Architekt Namgoon für sich persönlich gestaltet hat. Die
Mutter wirkt etwas hysterisch, kann so gut wie nichts im Haushalt, möchte aber alles überwachen. Dafür übernimmt die
Haushälterin, die schon den Architekten betreut hat, alles andere im Haus. Als für den jüngsten Sohn eine Kunstlehrerin
gesucht wird, empfiehlt Kim Ki-woo Frau Park seine künstlerisch begabte Schwester Kim Ki-jong ohne auf die Verwandtschaft
hinzuweisen. Da Empfehlungen über alles gehen, bekommt Kim Ki-jong alias Jessica die Stelle als Kunstlehrerin.
Als ich den Trailer von Parasite gesehen hatte, war ich nicht sicher, ob sich eine Geschichte wie in
Bin-jip entwickeln würde. In Bin-jip zieht ein junges Paar immer wieder in leerstehende
Wohnungen und zahlt die Nutzung durch Reparaturen. Parasite entwickelt jedoch ein vertracktes Spiel von Abhängigkeiten und
überraschenden Wendungen, mit dem man ursprünglich nicht rechnen konnte. Der Einfluss von kriegsähnlichen Zuständen auf die
Bauweise von Gebäuden erweist sich als nicht zu unterschätzender Faktor. Darüber hinaus tut ein taifunartiger Starkregen sein
eigenes dazu. Von mir gibt es 10 von gezahlten 8 Euro.