Die menschliche Statur ist seit jeher nicht sonderlich geeignet, um kämpferische Handlungen in wohlbehaltenem Zustand zu
überstehen. Wie eine österreichische Forschergruppe anhand von Skeletten römischer Gladiatoren in Ephesus herausgefunden
hat, bestand schon damals ein Zusammenhang zwischen Rüstung und der Wahrscheinlichkeit, einen Kampf zu überleben. Damals
war die Faustformel: Je mehr Rüstung man anhat, umso eher verlässt man die Arena in der Horizontalen. Beweglichkeit ging
vor Sicherheit.
Wenn man sich zum Beispiel im Europa vor Erfindung der Feuerwaffen umschaut, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich der
gegnerischen Waffen zu erwehren, wobei im Nahkampf die Kombination aus Schild und Stich- oder Hiebwaffe (Lanze, Schwert
oder Dolch) die erste Wahl zu sein scheint. Als Panzerung waren entweder Leder- oder Eisenpanzer in Mode, wobei ich
momentan etwas Schwierigkeiten habe, mir die Vorteile einer klassischen Ritterrüstung auszumalen. Gegen Pfeilangriffe kamen
zum Beispiel Kettenhemden in Mode, die ich als kleiner Junge recht uncool fand. Irgendwie erinnert das Ganze an ein
Grunddilemma, das sich auch beim Boxen findet. Jede Kampfeshandlung macht einen auch verwundbar, weil man seine Deckung
aufgeben muss.
Shinobi (忍) ist ein japanischer Film, der im Jahr 1614
spielt, als Japan unter der Herrschaft des Shoguns Tokugawa Ieyasu stand. Die Shinobi (Dulder) sind ein Volk von Kriegern,
die sich seit knapp vierhundert Jahren in Berggegenden zurückgezogen haben, weil es ihnen nicht mehr gestattet war zu
kämpfen. Hattori Hanzo der ältere hatte damals veranlasst, dass die zwei Clans der Shinobi, die Iga und die Koga, nicht
mehr gegeneinander antreten dürfen. Damit war jeder Kontakt zwischen den Clans verboten.
Das hindert jedoch Oburu, Enkelin der Iga-Anführerin und Koga Genosuke – Enkel des Koga-Anführers zusammenzukommen. Wenn
jetzt schon der große Friede im Land ist, können doch auch die Shinobi in Frieden leben. Dagegen steht jedoch ein Auftrag
des Shoguns, nach dem die beiden Clans in einem Kampf von fünf Kriegern seinen Nachfolger bestimmen sollen. Also wird
Hattori Hanso der jüngere beauftragt, das Verbot aufzuheben, damit der Wettbewerb beginnen kann. Darauf folgt ein
klassischer Eastern mit allen möglichen und unmöglichen Kampfestechniken und –szenen.
Vielleicht muss ich kurz dazu sagen, dass ich durch Zhang Yimous Hero und
The House of the Flying Daggers sowie Ang Lees Tiger and Dragon etwas verwöhnt bin, was
die Kampfkünste anbelangt. Auf jeden Fall hatte ich ein paar schöne Schwertkämpfe erwartet, in denen die Gesetze der
Physik noch einigermaßen eingehalten werden. In Hero wird ja zum Teil an Seilen gearbeitet. Die ganzen Szenen an diesem
See in Sichuan waren nicht anders möglich. In Shinobi wird hingegen sehr viel mit Computer gearbeitet. Als ich am Anfang
die ersten Shinobi den Hang hinunterhüpfen sah, dachte ich mir schon, dass das nicht gut ausgehen kann.
Shinobi lebt definitiv von den Kampfszenen, allerdings geht durch die Computertechniken einiges von dem Reiz verloren. Zum
Beispiel die größere Kampfszene im Wald wirkte im Bambuswald bei House of the Flying Daggers eleganter. Ich meine sogar,
wenn der schwedische Polizist Benny in KOPS seine Ninjaphantasien auslebt, sieht es optisch
besser aus. Im Nachgang musste ich unwillkürlich an einen Drei Musketiere-Verfilmung mit Gérard Depardieu denken, in der
relativ spontan, aber überaus unnatürlich einige kongfuartige Kampfszenen vorkamen, die ernst gemeint waren. Das war
durchaus daneben.
Am Ende war ich mir nicht ganz sicher, ob Shinobi nicht eine Komödie à la From Dusk till Dawn war. Dafür ist Shinobi
allerdings zu blutig und der Regisseur Ten Shimoyama hätte uns nicht erst im letzten Drittel von Shinobi abholen müssen.
Deswegen verlange ich für Shinobi Schmerzensgeld in vollem Kartenpreis von 6,50 Euro.