Ich hätte nicht gedacht, dass einer der blödesten Sprüche aus dem Buch "Ausländisch für Notfälle" mal für eine Kritik herhalten
muss: "李小龙曾是我最优秀的徒弟。"
- "Bruce Lee war mein bester Schüler." Kampfkunsteingeweihte wissen jetzt, dass The Grandmaster, den ich mir am Montag in
chinesisch-japanischer Originalversion mit gut lesbaren Untertiteln angesehen habe, von Ip Man handelt.
Man könnte daher erwarten, dass Wong Kar-Weis The Grandmaster sich auf Ip Mans Hongkonger Jahre beschränkt. Damit liegt man
völlig daneben. The Grandmaster spielt hauptsächlich in den Jahren 1938-40 beziehungsweise 17-19 des chinesischen
Revolutionskalenders. Während die Japaner sich anschicken, China zu erobern, drehen sich die Gedanken der Familie Gong nur
darum, wie das Kung-Fu erhalten werden kann. Damals war die Geisteswelt der Kampfkünste allerdings noch nicht so sinnentleert
wie bei den Drachenmädchen. Ehre zählte noch etwas bei den Meistern. So kommt es,
dass Ip Man eine Prüfung bestehen muss, die nicht nur Kämpfen umfasst, um Nachfolger von Gong Yutian im Süden zu werden. Im
Norden tut dies Ma San, der Adoptivsohn Gong Yutians. Schade, dass letzterer als leiblichen Nachfolger nur eine Tochter hat.
Wong Kar-Wei reiht sich mit The Grandmaster in die Reihe monumentaler Kung-Fu-Schinken à la
Hero, The House of the Flying Daggers und
Der Fluch der Goldenen Blume von Zhang Yimou ein. Auch er pflegt eine opulente Farbsymbolik.
Allerdings herrschen eher düstere Farben vor, da China sich im Krieg mit Japan befindet. Die Kampfkunstszenen sind gut
inszeniert, auch wenn ich die Szene am Zug etwas übertrieben fand. Hätte das kleine Lokomotivchen wirklich diesen elends
langen Zug so aus dem Bahnhof ziehen können?
Dennoch gibt es von mir für die gewaltigen Bilder 15 von gezahlten 7,50 Euro. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die
Synchronisation mit der Tatsache, dass alle Südchinesen Kantonesisch und alle Nordchinesen Mandarin sprechen, bezüglich der
Herausarbeitung dieses Unterschieds nicht total überfordert ist.